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Raster


. . .   -   . . . -   dynamische Raster   -   sich auflösende Raster   -   digitale Raster   -   . . .

 

Olympicpark Beijing Schwimmhalle und Stadion, Olympicpark Beijing Fassadendetails Watercube und Vogelnest

 

Raster sind ein zentrales Gestaltungselement der Architektur, mit seiner Hilfe kann eine Fläche, ein Volumen kontrolliert und dicht gefüllt werden. Raster werden deformiert, indem ihre Kanten vergrössert, verkleinert und verdreht werden. So Ludger Hoevenstadt in seinem Artikel "die Überwindung des Rasters". Weiter sagt er, dass damit ein entscheidender Paradigmenwechsel stattgefunden hat, "...Das System, der Raster passt sich der Form an – und nicht die Form dem System (...) Mit Hilfe der Informationstechnik ist es nun möglich, das Raster zu überwinden und den Elementen noch wesentlich mehr Freiheit zu gewähren. Der entscheidende Unterschied ist: Informationstechnik funktioniert nicht hierarchisch, sondern ist in Netzwerken, in Kreisläufen organisiert und deshalb im Stande, Strukturen wechselseitiger Abhängigkeiten zu beherrschen, zu steuern, in Balance zu halten. Die theoretischen Grundlagen dafür wurden bereits vor fast hundert Jahren erarbeitet, vom russischen Mathematiker Woronoi. Seine Voronoi-Diagramme verhalten sich nicht wie Raster (wenngleich man mit ihnen Raster erzeugen kann), sondern wie Schäume. Die einzelnen Elemente kommunizieren untereinander, sie wachsen oder schrumpfen, sie verändern ihre Position, verschwinden an der einen Stelle und entstehen an der anderen Stelle neu. Solche Prozesse sind freilich mit der Hand nicht mehr kontrollierbar, sondern nur mit dem Rechner, weil jede lokale Änderung eines einzigen Elements globale Auswirkungen auf das Gesamtsystems hat." (Die Überwindung des Raster, Ludger Hovestadt, Arch+ 189/2008, S.10

 

 
Agnes Martin: ,On a clear day’ 1973-1974, 30-teilig, 41x4x3.5cm Sol LeWitt_variations incomplete cubes Gianni Colombo, Elastic Space 1967-68, Photo by Giorgio Pizzagall  

 

„Die absolute Stasis des Rasters, die Abwesenheit einer Hierarchie, eines Zentrums, einer Flexion, betont nicht nur seinen antireferentiellen Charakter, sondern, wichtiger, seinen Widerstand gegen jegliche Form von Erzählung. Diese der Zeit und dem Ereignis unzugängliche Struktur weist alle Projektion von Sprache in den Bezirk des Visuellen zurück, und das Resultat ist Schweigen. Dieses Schweigen verdankt seine Existenz nicht allein der außerordentlichen Wirksamkeit des Rasters als Barriere gegen die Sprache, sondern auch dem Schutz, dem sein Netz ihm gegen alle äußeren Eindringlinge gewährt. Kein Echo von Schritten in leeren Räumen, kein Vogelruf am hohen Himmel, kein Wasserrauschen in der Ferne – denn das Raster hat die Räumlichkeit der Natur in die eng umgrenzte Fläche eines rein kulturellen Objekts geklappt. Wie die Sprache ist auch die Natur verbannt: das Resultat ist noch mehr Schweigen.“ (Rosalind E. Krauss’ Klassifikation des Rasters als Ort des Schweigens, 1985)
Die Kunsthistorikerin Rosalind E. Krauss benennt Ende der 1970er Jahre als eine der ersten das Raster als emblematisches Motiv der modernen und zeitgenössischen Kunst. Im 20. Jahrhundert wurde das Raster im Zuge der Avantgardekunst zum autonomen Bildthema. Es kennzeichnet sowohl die Minimal Art als auch die Pop Art. Zahlreiche Künstler bezogen sich seit den 50er Jahren kritisch oder ironisch auf die großen Pioniere wie Piet Mondrian oder Carl Andre. Die Rastertechnik beim Druck und mechanische Reproduktionsverfahren wurden zum Bildinhalt und ermöglichten eine Reflektion auf die Bilderwelt der Medien. (vergl. Ausstellungskatalog zu "Rasterfahndung", eine Ausstellung des Kunstmuseum Stuttgart, 2012)

"Bei meinem ersten Raster dachte ich zufällig an die Unschuld von Bäumen, und dann kam mir dieses Raster in den Sinn. Ich dachte, dass es für die Unschuld stünde, und dieser Ansicht bin ich noch immer. So habe ich es gemalt und war dann zufrieden. Das ist meine Vision, dachte ich." Agnes Martin zu ,On a clear day’ 1973-1974

 

Quayola, Topologies 2010    

 

"Wenn man eine Maschine erfände, die solche Gemälde hervorbrächte wie Raffael, wären dann diese Gemälde noch schön?" (Diderot)

 

 
Musterplan von Sol LeWitt als Anleitungsschema für die ausführenden Zeichner vukcosic_deepthroat  

 

Metrische, zählbare, messbare Bilder --> Die Pythagoreer waren die Ersten, die sich mit den Möglichkeiten befassten, die Welt auf eine numerische Form zu reduzieren...
...Pythagoras, der das Wesen der Welt in den numerischen Proportionen ihrer Formen sah. Seiner Ansicht nach ist die Zahl das Wesen der Dinge. „Als solche hat die Zahl eine magische Kraft“; die Spekulationen der Pythagoreer über die Zahlen waren nämlich nicht nur intellektueller Natur, sondern auch von einer mystischen Signifikanz durchdrungen. „Die Zahl ist das Wesen der Dinge - alles ist eine Zahl. (...).“ (Tomáš Sedláček, Die Ökonomie von Gut und Böse, S.129

 

Raster gehören zur Kategorie der Strukturen. Das bedeutet, sie unterliegen einer regelhaften Gesetzmässigkeit, die sie gleichzeitig auch bilden. Raster konstituiert sich aus ihrer Regelhaftigkeit heraus. Ein Raster ist also gleichzeitig Inhalt und Form. Gesetz und Erscheinung. Konzept und Objekt.

 

 



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